(Kippenheim) Am 15.01.2024 besuchte die Grünen-Landtagsabgeordnete und Staatssekretärin im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, Sandra Boser MdL, die Firma Neugart GmbH, um sich mit den beiden Geschäftsführern Bernd Neugart und Matthias Herr zu aktuellen Themen der Wirtschaft auszutauschen.
Ort des Treffens war das neue Gebäude mit der dunklen Streckmetallfassade am Eingang des Industriegebietes Kippenheim, das sogenannte Werk 2 der Firma Neugart. Geschäftsführer Matthias Herr startete das Gespräch mit einer kurzen Präsentation über die Firma Neugart und deren Entwicklung. Seit der Gründung durch Karl Neugart 1928 hat sich einiges in der Firma getan. Mit der Unternehmensgründung in Furtwangen und der Produktion von Verzahnungsteilen folgte 1943 der Umzug von Furtwangen nach Kippenheim, wo Anfang der 50 er Jahre Büffetuhren und Federlaufwerke für mechanische Trockenrasierer produziert wurden. „Ende der 70 er und Anfang der 80 er Jahre fand die Entwicklung und der Beginn der Planetengetriebe statt“, sagte Matthias Herr zurückblickend. Damit wurde der Grundstein für die weitere Entwicklung der Firma Neugart im Bereich der Getriebetechnologie gelegt. Heute zählt das Unternehmen mit drei Werken in Kippenheim, wovon sich das Werk 3 noch im Bau befindet und zwei weiteren Produktionsstätten in den USA und China, zu einem in der Region sehr wichtigen Arbeitgeber. „Rund 850 Mitarbeiter:innen beschäftigt die Firma Neugart, wovon etwa 733 am Standort Kippenheim arbeiten,“ so Matthias Herr.
Nach einer Maschinenbaukrise mit Kurzarbeit in den Jahren 2019 bis 2020 erholte sich die Branche wieder und die Nachfrage in der Getriebeproduktion stieg wieder an, berichtete Geschäftsführer Bernd Neugart. „Wir haben zum Glück verschiedene Kunden, sodass wir bei einem Auftragswegfall stabil bleiben“, ergänzte Neugart. Boser stimmte zu, dass man durch Varianz eine gewisse Stabilität erreichen kann.
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, biete die Firma Neugart neben den Ausbildungsplätzen und Stellen für Werkstudent:innen auch Arbeitsplätze für ungelerntes Personal an, die die Möglichkeit zur Nachqualifizierung erhalten würden, äußerte Bernd Neugart. Die Landtagsabgeordnete Boser begrüßte dies und informierte über das Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung und des Fachkräftenachwuchses 2023 bis 2027 des Landes. „Mit diesem Arbeitsprogramm sollen junge Menschen und Betriebe bestmöglich vor und während der Ausbildung unterstützt werden“, so Boser.
Anschließend sprachen Bernd Neugart und Matthias Herr über den Erhalt der breiten industriellen Basis in Deutschland. „Wir müssen die Breite der Industrie in Deutschland als ein Ökosystem betrachten“, betonte Bernd Neugart und wies darauf hin, dass die industrielle Vielfalt eine Resilienz gegenüber wirtschaftlichen Krisen schaffe. Boser antwortete, dass das Land Baden-Württemberg aktuell sehr danach schaue, wie man kleine und mittlere Unternehmen noch besser unterstützen könne. Dazu gehört der Bürokratieabbau, der einen Schwerpunkt des Staatsministeriums bildet. Aber auch der Transfer von Innovationen aus kleineren Betrieben heraus soll stärker in den Blick genommen werden. Um dem andauernden Fachkräftemangel entgegenzuwirken sind zudem Maßnahmen notwendig, um beispielsweise die Arbeitsmöglichkeiten von Frauen zu erhöhen und den Übergang von Schule in den Beruf zu verbessern.
Weiter warnten Neugart und Herr vor der erdrückenden Regulatorik und nannten hier als Beispiel den Entwurf der Europäischen Union zum neuen Lieferkettengesetz. Hier solle unter anderem nachgewiesen werden, woher die Stoffe bezogen werden. Dies sei in der Praxis schwer umsetzbar, so Neugart. Boser sicherte beiden zu, dass der Landesregierung die Entbürokratisierung ein ganz großes Anliegen sei. Es sei bereits ein Trend der Abwanderung von Unternehmen ins europäische Ausland erkennbar, merkte Herr an und führte weiter aus: „Wenn Unternehmen sich nicht ansiedeln wollen, war der Acker nicht gut bestellt.“ Herr gab weiter mit, dass sich die Unternehmen um ihre Produkte kümmern wollen, jedoch der aufgezwungene Bürokratismus zu Verwaltungsaufbau führe. „Das Land Baden-Württemberg hat eine Entlastungsallianz eingerichtet und möchte für Deregulation sorgen. Auch wurde der Normenkontrollrat neu aufgestellt, aber am Ende können wir nur das vereinfachen, für was das Land auch zuständig ist,“ informierte die Landtagsabgeordnete Sandra Boser.
Abschließend ging es noch um die Orstumfahrung von Kippenheim. Die beiden Geschäftsführer Bernd Neugart und Matthias Herr sprachen sich für die im Mai 2021 vom Kreistag beschlossene Variante 2 aus, denn diese sei bereits intensiv in einem bürokratischen Prozess erarbeitet worden und auf große Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürger gestoßen. Boser verwies dabei auf den Kreistag als Entscheider, jedoch sehe Boser in der Umfahrung eine Chance für eine Neugestaltung der Ortsmitte von Kippenheim. So könnte auch die Attraktivität der derzeit leerstehenden Gebäude gesteigert werden.
Abschließend bedankte sich Sandra Boser MdL für den informativen Austausch und versprach die Themen mit nach Stuttgart zu nehmen.
Bild:
v.l.n.r.: Bernd Neugart, Sandra Boser MdL, Matthias Herr