Anlässlich des Weltfrauentags sprachen die drei Grünen Politikerinnen Landtagspräsidentin Muhterem Aras MdL, Sandra Boser MdL und Bundestagskandidatin Heike Dorow beim digitalen Brunch am Sonntag den 07. März darüber, was sie selbst dazu bewegte in die Politik zu gehen, was es dazu braucht, Gleichstellung für Frauen und Männer im Parlament herzustellen und warum die Politik nicht auf das Know-how von Mädchen und Frauen verzichten kann.
Nach einer Begrüßung der Grünen Wahlkreisabgeordneten Sandra Boser berichteten die Politikerinnen, was sie selbst zu dem Schritt bewegte, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. „Anfang der 1990er Jahre erschütterten fremdenfreindliche Gewalttaten das Land. Deutschland war auch meine Heimat geworden, da wurde mir klar, dass ich mich engagieren möchte. Bei den Grünen wusste ich, das ich richtig war weil sie sich gegen Fremdenhass einsetzten und den Slogan ‚Die Hälfte der Macht den Frauen‘ schon damals ernst nahmen.“, so Muhterem Aras. Sandra Boser berichtete, dass der Fremdenhass auch für sie eine Motivation für ihr politisches Engagement war: „In den 90ern ging es los, dass rechte Gewalt um sich schlug und ich dies als nicht hinnehmbar empfand. Aber ich wusste schon früher, dass die Grünen für mich die richtige Partei sind.“ Auch die Kandidatin für den Bundestag und amtierende Kreisrätin, Heike Dorow, erklärte die Gründe für ihr Engagement: „Ich bin durch die Anti-AKW-Bewegung zu den Grünen gekommen. Durch aufflammenden Fremdenhass durch die Flüchtlingskrise und die Wahl Donald Trumps habe ich mich stärker ins Engagement begeben und möchte dieses Jahr das Grüne Bundestagsmandat für den Wahlkreis Emmendingen-Lahr holen.“
Aufgrund der Tatsache, dass im Jahre 2021 nur rund ein Viertel der Abgeordneten im baden-württembergischen Landtag weiblich sind, widmetet sich die Gesprächsrunde anschließend den Auswirkungen von ungleich besetzten Parlamenten. Landtagspräsidentin Muhterem Aras informierte: „Im Parlament werden wichtige Entscheidungen getroffen, die alle betreffen. Zum Beispiel wieviel Geld fließt in die jeweiligen Bereiche. Die Gesellschaft ist zu 50 % weiblich, folglich muss diese Sichtweise in wichtige Entscheidungen mit einfließen. Darum sollten Parlamente paritätisch besetzt sein. Bei der Kinderbetreuung beispielsweise hat es erst starke Frauen gebraucht, die sich für eine gute und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung eingesetzt haben, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich zu machen. Auch die Ganztagesschule war ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Je höher die Führungsposition, desto weniger Frauen sehe ich. Darum bin ich mittlerweile Verfechterin der Quote als ein Instrument, um Gremien und Parlamente paritätisch zu besetzen.“ Auch Sandra Boser sprach sich für die Quote aus: „Früher dachte ich, das braucht es nicht, aber mittlerweile sehe ich wie Frauen, je höher sie steigen, systematisch ausgeschlossen werden. Auch die verlässliche und flächendeckende Kinderbetreuung sehe ich dabei als wichtig an. Ich habe auch zwei Kinder und als diese klein waren gab es in meinem Wohnort z.B. keine Betreuung für Kinder unter drei Jahren.“
Aus dem Chat kam die Frage, ob die Politikerinnen sich für die Wahlrechtsreform einsetzen werden, damit sich der Frauenanteil über Listen in den Parlamenten erhöhen kann. „Wir Grüne sind bereits jetzt mit 47% Frauen in der Landtagsfraktion vertreten, aber in allen anderen Fraktionen sind Frauen unterrepräsentiert. Daher kämpfe ich sehr für die Wahlrechtsreform. Es braucht Frauen, die voranschreiten und beweisen, dass es möglich ist, Mandat und Familie unter einen Hut zu bekommen. Dazu braucht es Vorbilder. Parität steht im Grundgesetz.“ Sandra Boser bestätigte dies und gab noch zu bedenken, dass durch Corona wieder eine Rückwärtsbewegung für Frauen zu beobachten war: „Im letzten Jahr lag die Belastung von Familie und Care-Arbeit wieder überwiegend bei den Frauen.“ Auch Heike Dorow berichtete aus Ihrer Arbeit im Pflegestützpunkt: „Frauen waren in der Pandemie stark belastet, einmal wegen des traditionellen Rollenverständnisses, dass Frauen die Care-Arbeit in den Familien übernehmen und zum anderen, weil mehr Frauen in Care-Berufen arbeiten als Männer. Care-Arbeit muss besser bezahlt werden.“ Landtagspräsidentin Muhterem Aras gab noch zu bedenken: „Man muss zwischen individuellen und strukturellen Hürden unterscheiden. Frauen müssen mehr netzwerken, sich besser gegenseitig unterstützen und selbstbewusster Forderungen stellen. Strukturell ist es aber so, dass in den Gremien, in denen z.B. über Jobs entschieden wird hauptsächlich Männer sitzen und auf Altgewohntes setzen. Dabei gibt es viele Studien, die zeigen, dass vielfältige Teams effizienter arbeiten. Darum ist es wichtig, dass Frauen sichtbar sind und Entscheidungen treffen. Ein Instrument um das zu erreichen sind Führungspositionen, die in Teilzeit ausgeschrieben werden.“
Abschließend erwähnte Sandra Boser noch das Mentoringprogramm der Grünen Partei als ein Instrument, um Mädchen für Führungspositionen zu begeistern: „Mädchenförderung ist ein wichtiger Baustein. Es gibt noch viel zu tun im 21. Jahrhundert für die Frauen. Mir ist wichtig: Man kann seine Frau stehen und trotzdem eine Führungsposition bekleiden, das geben ich jedem Mädchen gern mit auf den Weg. Politik kann erfolgreich weiblich sein.“ Auch Heike Dorow äußerte sich mit einem Statement: „Mir ist noch der Punkt „Miteinander Leben“ wichtig, dass der Alltag gleichberechtigter gestaltet wird, dass es in der Care-Arbeit mehr Vielfalt gibt und dass mehr Führungsstellen in Teilzeit ausgeschrieben werden.“ Das Abschlussstatement sprach Landtagspräsidentin Muhterem Aras: „Die Chancengleichheit muss umgesetzt werden. Die Wahlrechtsreform muss umgesetzt werden, Führungspositionen müssen in Teilzeit ausgeschrieben und Verwaltungsstellen an Frauen vergeben werden. Da die Gleichstellung im Grundgesetz steht, spreche ich mich für die Quote aus.“